Hinweisgebersystem

Was passiert, wenn ein Verstoß gegen den Compliance-Standard eines Unternehmens offenbar wird? An wen können sich Betroffene wenden, die zur Aufklärung und Sanktion von Fehlverhalten beitragen wollen? Und wie werden solche Hinweisgeber geschützt?

Die Einrichtung eines Compliance-Systems muss regelmäßig auch die Vorsehung eines Hinweisgebersystems beinhalten. Hiermit wird eine Infrastruktur bezeichnet, die es Personen erlaubt, anonym Hinweise auf rechtliches Fehlverhalten und Verstöße gegen den Compliance-Standard eines Unternehmens zu geben. Dieser Funktion kommt ganz erhebliche Bedeutung zu, um den Compliance-Gedanken tatsächlich zu leben.

Dabei tauchen in der Praxis häufig variierende Bezeichnungen auf: Mal ist von „Whistleblower-Hotline“ die Rede, mal fällt der Begriff „Hinweisgeberstelle“ oder der „Vertrauensanwalt“. Letztlich ist mit diesen Ausdrücken aber stets dieselbe Einrichtung gemeint: Eine Stelle, die Informationen entgegennimmt, vertraulich behandelt und in Absprache mit dem Hinweisgeber weiterleitet.

Eine der bekanntesten Institutionen dieser Art ist der bereits 1925 gegründete Verein Pro Honore e.V. , der seit dem Jahr 2003 die Hamburger Vertrauensstelle zum Schutz vor Kriminalität in der Wirtschaft leitet.

Externe Hinweisgeberstelle

Ein Hinweisgebersystem bedingt, dass eine externe Hinweisgeberstelle aufgebaut wird. Eine solche Einrichtung ist der erste Anlaufpunkt für Personen, die Informationen weitergeben wollen. Dabei ist wichtig, dass die Hinweisgeberstelle selbst vor dem Zugriff durch Dritte geschützt ist. Dies wird regelmäßig dadurch erreicht, dass der Informationsempfänger in der Hinweisgeberstelle als ein in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt tätig ist, der sich auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht aus § 43a Abs. 2 BRAO berufen darf. Somit werden etwaige Hinweisgeber durch das anwaltliche Berufsrecht vor arbeitsrechtlichen, wirtschaftlichen oder persönlichen Sanktionen bewahrt.

Hamburger Vertrauensstelle

In Hamburg hat sich bereits ein unabhängiges und effektives Hinweisgebersystem etabliert. Die Hamburger Vertrauensstelle zum Schutz vor Kriminalität in der Wirtschaft existiert seit dem Jahr 2003 und wurde durch einen ganzen Kreis von Institutionen der Hansestadt ins Leben gerufen: Handelskammer Hamburg, Handwerkskammer Hamburg, Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V. und Pro Honore e.V.

Die Hamburger Vertrauensstelle wird von Pro Honore e.V. geführt und steht jeder Person zur Verfügung, die Kenntnis von Anhaltspunkten erlangt hat, welche auf Straftaten oder unzulässige Geschäftspraktiken in Unternehmen hindeuten. Solche Hinweisgeber können sich per Telefon an Pro Honore e.V. wenden. Alle Hinweise werden streng vertraulich behandelt und unterliegen dem Anwaltsgeheimnis. Auf diesem Wege wird der Hinweisgeber geschützt: Identität und Umstände seiner oder ihrer Kenntniserlangung bleiben geheim.

Die Vertrauensstelle kann auch von Unternehmen, welche mit dem Hamburger Compliance Zertifikat ausgezeichnet werden, als Hinweisgeberstelle genutzt werden. Hierdurch werden die Anforderungen des Hamburger Compliance Standards erfüllt. Auf diesem Weg sparen sich Unternehmen den Aufwand, eine gesonderte externe Hinweisgeberstelle zu installieren, und greifen stattdessen auf bestehende und vor allem bewährte Strukturen zurück. Jedoch handelt es sich um eine optionale Möglichkeit und nicht um ein „Muss“.